„Frauen, beschäftigt Euch mit Geld!“ – Madame Moneypenny im Interview

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17. September 2020

Altersarmut ist weiblich – die Gründe dafür sind vielfältig. Aber muss das so sein? Nein, sagt Natascha Wegelin. Mit ihrem Blog Madame Moneypenny hat sie es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Frauen auf ihrem Weg in die finanzielle Unabhängigkeit zu begleiten. Wir haben mit ihr gesprochen.

Hand aufs Herz, Frau Wegelin: Wie spannend ist das Thema Geld?

Ich persönlich finde Geld ja sehr spannend. Vor allem, wie unterschiedlich Menschen mit Geld umgehen. Manche sparen ganz selbstverständlich einen festen Teil des Einkommens während andere stets an der Kante zur Verschuldung leben und gar keine Rücklagen haben. Da spielen natürlich unsere Erziehung und Sozialisierung eine ganz entscheidende Rolle. Und spätestens da dürfte es für die meisten Menschen spannend werden.

Haben Sie deshalb auch mit Ihrem Blog angefangen? 

Genau. Die Idee hinter dem Blog, der Facebook-Gruppe, meinen Büchern und Seminaren ist es, Frauen für das Thema private Finanzen zu sensibilisieren und eine Anlaufstelle für die wichtigsten Informationen zu liefern. Immer unter dem Aspekt „selbst ist die Frau“. Es geht im Kern darum, dass Frauen ihr Geld selbst in die Hand nehmen sollten anstatt sich auf ihre Männer oder den Staat zu verlassen.

Laut einer Umfrage von Swiss Life sehen jedoch viele nach wie vor die Politik in der Pflicht – fast zwei Drittel der Deutschen fordern eine Erhöhung der staatlichen Rente. Was sagen Sie dazu?

Das glaube ich gerne. So bekommen wir es ja auch in der Schule erzählt: Finde einen sicheren Job, den du bis zur Rente machst. Punkt. Was danach kommt – oder eben auch nicht – erzählt einem ja niemand. Bei unseren Eltern hat das mit der Rente ja noch einigermaßen funktioniert. Doch spätestens ab unserer Generation führt ein Sich-verlassen auf die staatliche Rente zum finanziellen Genickbruch im Alter. Das dürfte mittlerweile bei jedem angekommen sein. Ich persönlich finde es hochfahrlässig, sich allein auf den Staat zu verlassen. Angenommen, morgen wird beschlossen, dass die staatliche Rente erhöht wird. Und in 20 Jahren wird das wieder geändert. Was dann? Dann hat man 20 Jahre verloren, in denen man ganz wunderbar selbst Vermögen hätte aufbauen können.

Warum ist es gerade für Frauen wichtig, sich mit Finanzen auseinanderzusetzen?

Zum einen weil wir weniger verdienen und daher auch weniger Rente beziehen werden. Zum anderen sollten Frauen nie in die Situation kommen, finanziell vom Partner abhängig zu sein. Denn das kann ein ungutes Ende nehmen. Wir sollten immer in der Lage sein, zu gehen, wenn wir das wollen. Dies ist ein sehr wichtiger Aspekt, wie ich finde. Eine aktuelle Studie aus Großbritannien zeigt Erschütterndes: 28 Prozent der über 2.000 Befragten, die sich aktuell in einer Beziehung befinden, gaben an, dass finanzielle Sicherheit der Hauptgrund für den Verbleib in dieser Beziehung ist. Der überwiegende Teil dieser 28 Prozent waren Frauen. Das ist doch furchtbar.

Um unabhängig zu sein, braucht man das nötige Finanzwissen – aber gerade daran mangelt es bei vielen. Halten Sie ein eigenes Schulfach Finanzen für sinnvoll?

Absolut! Es muss ja gar nicht so sehr in Aktien-Details gehen, aber allein ein weitsichtiger Umgang mit Geld sollte bereits in der Schule gelehrt werden. Das würde vielen Jugendlichen sicherlich einige Fehltritte ersparen und sie finanziell auf sicherere Füße stellen.

Wo haben Sie Ihre Kenntnisse über Geldanlage und Co. her? 

Ich habe mir dieses Wissen über die letzten Jahre selbst angeeignet. Ich habe in Bücher, Blogs, Seminare und Kurse investiert – Geld und auch jede Menge Zeit. Daher zieht bei mir auch keine Ausrede hinsichtlich der Vernach­lässigung der eigenen Finanzen. „Ich habe das nun mal nicht studiert“ oder „Ich habe dafür keine Zeit“ sind Lügen, die wir uns selbst erzählen. Ich habe mich in meiner Freizeit eingelesen – neben dem weiteren Aufbau meines Unternehmens.

Wie sorgen Sie persönlich fürs Alter vor?

Der Großteil meiner Altersvorsorge ist in ETFs, also börsengehandelten Fonds, angelegt. Zusätzlich gibt es einen sehr kleinen Betrag, der in eine betriebliche Altersvorsorge fließt. Natürlich spielen meine Unternehmen auch eine Rolle. Ich bin weder gesetzlich noch privat rentenversichert.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Stolperfallen in Sachen Geldanlage?

Eine der größten Stolperfallen ist es, in etwas zu investieren, das man nicht versteht. Das sollte man wirklich niemals tun. Ein zweiter Fehler: Tun, was alle tun, weil alle es tun. Stichwort Bitcoins... Man sollte nie blind der Herde hinterherlaufen. Wenn ich sehe, wer aktuell in Bitcoins investiert, wird mir ganz anders. Viele Menschen haben absolut keine Ahnung, was sie da tun. Sie tun es aber, weil es alle machen. Aus Gier. Und Gier und Angst sind die zwei Emotionen, die beim langfristigen Vermögensaufbau nichts zu suchen haben.

Können Sie unseren Lesern einen Finanztipp mit auf den Weg geben?

Das Fundament für jeden Vermögensaufbau ist, erst einmal zu wissen, wo man finanziell steht. Der erste Schritt ist also einen Überblick zu bekommen. Am besten, indem man eine Aufstellung über alle Vermögenswerte und Schulden aufstellt. Als zweites empfehle ich mindestens drei Monate lang ein Haushaltsbuch zu führen, um zu sehen, wohin das liebe Geld so Tag für Tag fließt. Ich garantiere: Da wird es einige Aha-Momente a la „Puh, so viel gebe ich für Coffee to go aus?!“ geben. Wenn man das tut, ist man schon einen großen Schritt weiter.

Ich kann nur jeden dazu ermutigen, anzufangen, sich mit seinem Geld zu beschäftigen. Ja, das Wissen kommt nicht über Nacht. Aber wo ist das schon der Fall? Eine neue Sprache fliegt einem ja auch nicht zu. Man muss sie erlernen. Stück für Stück. Es lohnt sich!

Sie sprechen insbesondere Frauen an – aber können Männer nicht auch von Ihrem Wissen profitieren?

Klaro! Ich habe sehr viele männliche Leser, die meine Inhalte ebenfalls sehr schätzen. Auch sie mögen meine eher unkonventionelle Art, das trockene Thema Finanzen anzugehen und aufzubereiten. Die Facebook-Gruppe und meine Seminare sind allerdings nur Frauen zugänglich. So entsteht ein geschützter Raum mit viel Vertrauen und extremer Offenheit, den wir brauchen, um uns gegenseitig zu unterstützen.
 
Natascha Wegelin ist 32 Jahre und Wahl-Berlinerin. 2016 gründete sie den Finanz-Blog „Madame Moneypenny“. Ihre Facebook-Gruppe für Frauen hat inzwischen mehr als 5500 Mitglieder. Außerdem veröffentlichte sie das E-Book „Bali statt Bochum“ mit Finanztipps für Frauen.

Foto: Jacqueline Häußler